Ich bin dabei jedoch auch heraus gefordert. Dies, gerade weil alte Familienmuster aufkommen und die Rollen, die jedes Geschwister in der Kindheit hatte, durchscheinen. Abhängig davon, wie stark die einzelnen Personen in den vergangenen Jahren gewachsen sind, dringen diese Rollen mehr oder weniger durch.
Das hat mich motiviert, das folgende Thema für den Artikel dieser Woche zu wählen:
Familiendynamik: Die Rollen in einer Familie 1.Teil
Jede Familie hat eine Dynamik. Je gesünder eine Familie ist, desto dynamischer und aufbauender ist diese für das Leben eines Kindes. Doch auch in der gesündesten Familie kann man Muster im Verhalten der Kinder beobachten.
Ich kenne viele Familien, wo das älteste Kind das „verantwortungsbewusste, loyale Kind“ ist, das Zweite das rebellische, das Dritte entweder der Clown der Familie oder derjenige, der schnell „unsichtbar“ wird und keine Probleme macht.

In diesem Artikel werde ich nicht auf die Details von stark dysfunktionalen Familien eingehen.
Was ich tun werde, ist, die vier Hauptrollen zu erklären, die ein Kind in einer Familie haben kann, das Muster zu beschreiben und aufzuzeigen, wie man seinem Kind helfen kann, aus der Rolle herauszukommen und frei zu sein, seine einzigartige Persönlichkeit auszuleben. Die eine Rolle ist unsere „Tun“ -Rolle (wie wir anderen erscheinen) und die andere ist unsere „Sein“ -Rolle (die Rolle, die wir wählen, um unsere emotionalen Probleme zu lösen).
Dies sind die vier ausgeprägten Rollen, die ein Kind in der Familie haben kann:
Familienheld
Sündenbock
verlorenes Kind
Maskottchen (Clown)
Familienheld:
Die Rolle eines Familienhelden wird oft vom ältesten Kind übernommen.
Der Held rettet die Familie – daher kommt sein Name „Held“ – indem er perfekt ist und der Familie das Selbstwertgefühl gibt, weil er sie von aussen gut aussehen lässt.
Die positiven Eigenschaften des Familienhelden:
Artiges Kind, leistungsstark, befolgt die Regeln, möchte Wohlgefallen finden, sehr verantwortungsbewusst, vertrauenswürdig, pflichtbewusst, reif, hilfsbereit und organisiert, zuverlässig, harter Arbeiter, erfolgreich, konzentriert, teilt gern Lob aus, guter Leiter, treu, stark
Negative Eigenschaften des Familienhelden:
Unflexibel, hat Angst vor Intimität, getrieben, unfähig zu spielen, hat unangemessene Erwartungen, hat Angst vor dem Versagen, fühlt sich schnell schuldig, hat Schwierigkeiten, persönliche Bedürfnisse zu erkennen, rigid, kontrollierend und äusserst verurteilend gegenüber anderen Menschen und auch gegenüber sich selbst (obwohl dies oft nicht direkt so kommuniziert wird)
Innere Gefühle des Familienhelden: Arbeitet hart, um Anerkennung zu bekommen, sehr verantwortungsbewusst, erfolgreich, scheint alles auf die Reihe zu bringen und sieht sich als etwas Besonderes
Versteckte Gefühle des Familienhelden: Unzulänglichkeit, weil nichts jemals gut genug ist
Dieses Kind wird dasjenige sein, das den Familienregeln loyal ist und diese umsetzt. Das macht dieses Kind sehr treu und vertrauenswürdig.
Diese Rolle kann in einer gut funktionierenden Familie beobachtet werden, wie auch in einer Familie mit schwierigen Familienverhältnissen. Es fällt mir leicht, meine älteste Schwester darin zu erkennen, wie auch mein ältester Sohn.
In stark dysfunktionalen Familien ist diese Rolle jedoch sehr ausgeprägt. In einer solchen Familie wird der Familienheld die Verantwortung des suchtgeplagten Vaters übernehmen und in frühem Alter dessen Rolle ersetzen. Oder er kann der stellvertretende Ehemann werden und seiner Mutter die emotionale Unterstützung geben, die sie von ihrem Partner erhalten sollte. Helden werden als diejenigen gesehen, die alles auf die Reihe bringen, die reif und verantwortlich sind.
Der Preis, den ein Familienheld jedoch dafür bezahlt, ist, das er sich selten wirklich wohl fühlt in seiner Haut. Oft wird er nicht sagen können, was seine eigenen Bedürfnisse und Wünsche sind. Er wird seine eigene emotionale Realität opfern, um die Familie zusammen zu halten.
Diese verschiedenen Rollen zu kennen und zu verstehen kann sehr wertvoll für Sie und ihr Kind sein. Egal aus welchem Hintergrund Sie kommen, egal wie Ihre Herkunftsfamilie ausgesehen hat und wie es in Ihrer Familie gerade aussieht – Sie können einen grossen Unterschied im Leben Ihres Kindes machen. Dies, indem sie Ihrem Kind dabei helfen, sich nicht in einer solchen Rolle zu verlieren (oder sich wieder zu finden) und die einzigartige, wertvolle und höchst fähige Person zu werden, die es sein kann.
Verschiedene Wege, wie Sie Ihrem Kind helfen können, sich nicht in einer solchen Rolle zu verlieren (oder sich wieder zu finden):
- Bringen Sie Ihrem Kind bei, dass es nicht verantwortlich dafür ist, die Bedürfnisse rund herum zu erfüllen. Lehren Sie ihm, dass es wichtig ist, dass es sich selber spürt und sagen kann, was seine eigenen Bedürfnisse in der Situation sind.
Bei unserem Ältesten können wir das immer wieder beobachten. Er wird versuchen, seine Geschwister dazu anzuleiten, zu gehorchen und er wird zusehen, dass sie keine Dummheiten machen – weil er sehr verantwortungsbewusst unsere Anweisungen umsetzen will. Er kann sehr emotional werden, wenn sie ihn ignorieren und seinem guten Rat nicht folgen. Wir schreiten dann ein und sagen ihm, dass wir sein Herz und sein vertrauenswürdiges Verhalten schätzen. Dann befreien wir ihn von dieser Situation und sagen ihm, dass wir übernehmen und er sich entspannen darf.
. - Bringen Sie Ihrem Kind das Spielen bei – und dass es sich selbst und andere nicht so ernst nimmt.
Es ist wichtig, dass diese Kinder lernen, diesen Zwang, perfekt zu sein, aufzugeben. Dass sie lernen, dass es nicht nötig ist, dass sie immer der Chef sind oder durch ihr korrektes Verhalten das Lob von Autoritätsfiguren zu gewinnen versuchen.
Unser Ältester kann sich richtig aufregen, wenn seine Geschwister ihn zum Beispiel damit aufziehen, dass sie als erste ihr Pijama angezogen haben. Er sieht das nicht als Spiel, sondern als ernsthafte Konkurrenz. Er versucht, seine hohen Selbsterwartungen zu erfüllen, indem er der Erste ist. Wir sagen ihm, dass er genial ist, selbst wenn er Zweiter ist und dass wir ihn dafür lieben, was er ist – auch wenn er nicht der Erste ist.
. - Lassen Sie den Familienhelden wissen, dass es in Ordnung ist, Fehler zu machen.
Manchmal wirkt unser Ältester mürrisch und verärgert. Wenn er dieses Verhalten an den Tag legt, finden wir meistens heraus, dass es damit zu tun hat, dass er gemerkt hat, dass er einen Fehler gemacht hat. Wir versichern ihm, dass sein Wert nicht von seiner Perfektion abhängt.
Das führt zu meinem nächsten Punkt:
. - Helfen Sie dem Familienhelden, sich wertvoll zu sehen für wer er ist, unabhängig von seiner Leistung.
Wir feiern unsere Ältesten … nicht nur, wenn er etwas erreicht hat. Nicht nur, wenn er wieder mal etwas perfekt hingebracht hat. Aber einfach, weil er unser geliebter Sohn ist.
Sündenbock
Auch genannt „das Problemkind“ oder “ der Unruhestifter“.
Der Sündenbock ist – wie der Name es so treffend beschreibt – derjenige, der die Schuld für alle Probleme in einer Familie trägt. Es ist typischerweise das zweite Kind und wird oft als irritierend, trotzig, hinterlistig, feindlich, wütend und ungehorsam beschrieben.
Äusseres Erscheinungsbild:
Feindlich, trotzig, Regelbrecher, in Schwierigkeiten
Positive Eigenschaften des Sündenbocks
Hat viele Freunde, guter Gruppenleiter und / oder Berater, Mut, die Realität zu offenbaren, sensibel auf die Gefühle anderer zu reagieren, kann gut mit Stress umgehen, schafft es, Aufmerksamkeit zu bekommen
Negative Eigenschaften des Sündenbocks:
übereifernder Zorn, Feindseligkeit, Trotz, Wut, Regelbrecher, kann in Schwierigkeiten sein, kann rechtliche Probleme haben, unverantwortlich, manipulativ
Innere Gefühle des Sündenbocks:
Ablehnung, Verletzung, Schuld, Eifersucht, Einsamkeit, Angst, Wut
Wesentliche versteckte Gefühle des Sündenbocks:
Hat Selbsthass und kann sehr selbstzerstörerisch sein, Selbstabweisung bedeutet auch, dass er andere abweist
Sein Verhalten ist so ungeheuerlich, dass alle anderen in der Familie im Vergleich gut aussehen. Wenn sich die Familie auf den Sündenbock konzentriert, hört sie auf, die wirklichen Probleme zu beachten, die gelöst werden müssen.
Der Sündenbock ist der „Sprecher der Wahrheit“ der Familie und wird oft das „Problem“, das die Familie vertuschen oder leugnen will, verbalisieren oder ausleben.
Es ist das Kind, für das sich die Familie schämt – und es ist das emotional ehrlichste Kind in der Familie. Diese Kinder sind in der Regel die sensibelsten und fürsorglichsten, weshalb sie so grosse Schmerzen empfinden.
Als ich 2003 über diese verschiedenen Rollen unterrichtet wurde, identifizierte ich mich in dieser Rolle enorm.
Ich bin das zweite Kind von fünf, ich war diejenige, die versuchte, die Probleme, die ich in meiner Herkunftsfamilie fühlte, zu verbalisieren. Ich war diejenige, die unser Familienleben schwierig machte. Im Alter von 16 Jahren ging ich von zu Hause weg, um als Au Pair in der französischen Schweiz zu leben und eine Lehre zu machen. Als ich danach meine Eltern – eher formell – darum bat, wieder nach Hause kommen zu können, brach für mich eine Welt zusammen, als sie mir dies verweigerten. Sie sagten mir, so ohne mich sei das Leben der Familie endlich friedlich und nett.
Natürlich fühlte ich viel Schmerz, Ablehnung und Scham darüber, meine Familie ruiniert zu haben.
Ich brauchte Jahre, um diese intensiven Gefühle los zu werden und die Person zu werden, die ich heute bin.
Ich bin immer noch diejenige, die nach dem „Warum“ hinter jenen Dingen fragt, die ich nicht verstehe. Ich denke immer noch, dass die Probleme, die ich in meiner Herkunftsfamilie sah, wirklich da waren und dass ich in dem, was ich sah, genau richtig lag.
Das Problem war, dass meine Art, es ihnen mitzuteilen, falsch war – normal für ein Kind und einen Teenager, aber trotzdem falsch.
Heute habe ich eine gute Beziehung zu meiner Familie, sogar zu denen, die sich nicht viel verändert haben. Ich bin in der Lage, eine Beziehung mit ihnen zu haben und ihnen Liebe und Wertschätzung zu zeigen, auch wenn ich immer noch die Muster in ihrem Verhalten sehe, die mich in meiner Kindheit verletzt haben.
Denn heute bin ich frei. Ich bin wiederhergestellt. Aber dazu später mehr.
Gehen wir zurück zum Artikel:
Möglichkeiten, Ihrem Kind zu helfen, sich von einer solchen Rolle zu lösen (oder sich davon zu erholen):
- Bringen Sie Ihrem Kind bei, Konfliktlösung zu erlernen, anstatt durch Rebellion mit dem Problem umzugehen.
Unser zweites Kind würde perfekt in diese Rolle des Rebellen passen – wir lassen sie nicht. Wir unterrichten sie über die möglichen Wege zu reagieren, wenn ihre erste Reaktion ein rebellischer Ausbruch ist, wenn sie etwas nicht will.
. - Lehren Sie Selbstbewusstsein und anderen die wahren Gefühlen mitzuteilen
Wir bringen unserer Tochter bei, ihre wahren Gefühle zu identifizieren – und ihre wahre Motivation hinter dem, was sie gerade getan hat. Sie ist sehr anfällig für falsche Anschuldigungen und braucht unsere Liebe und Bestätigung, nachdem wir sie falsch zurecht gewiesen haben – oder einfach, wenn ihre Motivationen nicht die gewesen war, die sie zu sein schien (zum Beispiel wenn sie einem ihrer Geschwister ein Bein stellt, einfach, weil sie nicht an die Auswirkungen denkt und wir ihr dann mit ihr schimpfen, weil wir dies als gemein erachten)
. - Lernen Sie, den Schmerz unter der Wut zu erkennen, und lernen Sie, zu erkennen, wenn das Kind den Schmerz mit Wut überdeckt
Das funktioniert sogar bei mir bis zum heutigen Tag. Wenn ich merke, dass Wut in mir aufsteigt, durch etwas, was mein Mann oder jemand anderes getan hat, versuche ich schnell, herauszufinden, warum … und meistens liegt es daran, dass ich von ihnen verletzt wurde, obwohl sie das gar nicht beabsichtigten.
. - Lassen Sie sich nicht in den „Zorn“ des Sündenbocks verwickeln und akzeptiere und lieben Sie ihn mit all seinen übervollen Emotionen
Wir lassen unser Mädchen nicht in diese Rolle des rebellischen Sündenbocks geraten. Wir graben immer in ihrem Verhalten nach. Am Ende haben wir immer, immer ein süsses, zärtlich liebendes Mädchen, das sich in unseren Schoss kuschelt und uns sagt, wie sehr sie uns liebt.
. - Lehre den Sündenbock, zu verhandeln anstatt zu rebellieren
Hilf dem Sündenbock zu verstehen, dass er / sie Kontrolle über seine Wutgefühle hat.
Das Hauptproblem dieser Rolle ist die Wut und wie man damit gut umgehen kann. Für jene Eltern, die in sich selbst oder in ihrem Kind ein tiefer gehendes Problem von Wut erkennen, gibt es viele wertvolle Bücher, die uns zeigen, wie wir damit umgehen können.
Dieser Beitrag hat Sie wahrscheinlich dazu gebracht, über Leute nachzudenken, die Sie in Ihrem eigenen Leben erlebt haben. Vielleicht sind es Ihre Kinder. Vielleicht finden Sie sogar einige dieser Muster in sich selbst. Denken Sie daran, es geht immer darum, was Sie mit diesen Informationen machen. Sie könnten andere oder sich selbst verurteilen. Oder Sie können daraus lernen und Ihr eigenes Leben und das Leben der Menschen um Sie herum besser, entspannter und noch lustiger gestalten. Nächste Woche schauen wir uns das verlorene Kind und das Maskottchen an. Ich hoffe von Herzen, dass das alles Ihnen und Ihrer Familie helfen wird, Ihr Leben noch besser und schöner werden zu lassen.
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