„Ich bin so blöd!“ – Wie wir mit uns selbst reden, ohne es zu realisieren

von | Nov. 6, 2017 | Familienleben, Persönliches wachstum

Heute Morgen ass ich mit meinen Kindern Frühstück und trank dazu meinen Kaffee.

Als ich mit einer ungeschickten Bewegung einem Kind etwas reichen wollte, leerte ich den ganzen Kaffee über den Tisch, Stuhl und Boden.

blöd

Meine erste, spontane Reaktion war „Oh nein!“ … Aber dann fing ich entspannt an, das Chaos aufzuputzen. Ich versicherte mich bei den Kindern: Ist bei euch alles okay? Habt ihr euch am Kaffee nicht nass gemacht oder gar verbrannt?

Aber sie hatten nichts abbekommen und einer meiner Jungs nahm einen Putzlappen und half mir aufzuputzen. Erfreut dankte ich ihm. Er antwortete mit einem Lächeln: „Kein Problem Mami, Ich helfe dir doch gerne“.

Im Anschluss nutzte ich die Situation, um mit den Kindern darüber zu reden, dass solche Dinge jedem hin und wieder passieren, und es dass es nichts ist, worüber man sich aufregen muss. Wichtig ist, dass man das Chaos wieder aufräumt und sich, wenn nötig entschuldigt .

Beim restlichen Frühstück war die Stimmung weiterhin entspannt und fröhlich, wie wenn nichts vorgefallen wäre.
Während des Tages dachte ich dann darüber nach, wie die gleiche Situation vor einigen Jahren noch so anders ausgegangen wäre.
Die Geschichte hätte sich etwa so abgewickelt:
 
Heute Morgen ass ich mit meinen Kindern Frühstück und trank dazu meinen Kaffee.
Als ich mit einer ungeschickten Bewegung einem Kind etwas reichen wollte, leerte ich den ganzen Kaffee über den Tisch, Stuhl und Boden.
Ich konnte es nicht glauben! Wie kann ich nur wieder mal so ungeschickt und dumm sein! Immer passieren mir solche Dinge! Ich regte mich so über mich selber auf und räumte, leise vor mich hin schimpfend wie dumm ich bin, das Chaos auf. Einer meiner Jungs wollte helfen, aber ich fuhr ihn an: „Sitz einfach an deinen Platz!“
Ich war so genervt und frustriert über mich selbst!!
Als ich mit dem Putzen fertig war, war die Stimmung so bedrückt, dass alle glücklich waren, als wir mit dem Frühstück fertig waren und jeder den Tisch verlassen konnte.
 
blöd
Ich sann weiter der Tatsache nach, wie leicht die Worte „Ich bin so dumm!“ Aus unserem Mund kommen. Und zwar oft dann, wenn uns etwas Ungeschicktes oder Blödes passiert, wir etwas tun, was wir nicht hätten tun sollen – oder aber nicht tun, was wir hätten tun sollen.
Wie oft reden wir vorwurfsvoll, anklagend und hart mit uns selber, und schämen uns – nicht einfach für das was wir getan haben, sondern für wer wir sind. Wenn wir uns so fühlen, fällt es uns auch schwer, geduldig und liebend mit unseren Mitmenschen umzugehen.
Allzu oft ist dieser Zustand für uns so normal, dass wir nicht einmal erkennen, dass dies etwas sein könnte, das sich in unserem Leben ändern könnte. Schließlich verwenden wir nur die Sätze und Wörter, die uns als Kinder gesagt wurden, und die Haltung, die unsere Bezugspersonen an sich selber anwendeten. Wir reagieren auf unsere Fehler und sogar auf unseren Erfolg genauso, wie wir es in unserer Kindheit verinnerlicht haben.
Ich dachte weiter darüber nach, was genau sich geändert hatte, dass unser Frühstück so friedlich enden konnte.
.
 
War es das Verhalten der Kinder?

Nein, ich selbst habe mich verändert. Ich bin innerlich entspannter geworden, im Frieden mit wem ich bin. Ich habe gelernt, gnädig mit mir selber zu sein – und dies ermöglicht es mir, auch so mit anderen umzugehen.
.

Ist dies also auf ein verbessertes Selbstwertgefühl oder positive Selbstgespräche zurückzuführen?

Nicht wirklich. Die Scham über wer ich bin, das Gefühl der Ablehnung und des Versagens war zu tief in mir verwurzelt und ich weiß nicht, ob positives Selbstgespräch genug gewesen wäre, um mich dahin zu bringen, wo ich das Privileg habe, heute zu sein.
.

Der Prozess der Veränderung begann vor etwa 12 Jahren.
Ich war gerade von einem mehrmonatigen Auslandsaufenthalt zurückgekommen. Wieder zu Hause, dachte ich an die vergangenen Monate und daran, wie ich dort einen sehr netten jungen Mann kennen gelernt hatte. Dieser hatte sich sehr für mich interessiert. Zwar war ich auch interessiert, aber der Alters- und Kulturunterschied war so groß, dass ich das Angebot einer Beziehung ablehnte.
Nun war ich wieder zu Hause, immer noch Single und näher bei dreißig als bei zwanzig Jahren.
Gedanken (und mit den Gedanken starke Emotionen) kamen auf: „Ich bin so dumm! Wie konnten Kultur und Alter mich dazu bewegen, ein solches Angebot abzulehnen? Er war schliesslich ein sehr lieber Kerl! Jetzt werde ich für den Rest meines Lebens allein bleiben und das wird ganz alleine meine Schuld sein! „(Und nein, die Möglichkeit, zurückzugehen und dem Mann zu sagen, dass ich meine Meinung geändert hätte, bestand nicht – er hatte mit mir abgeschlossen).
Auf einmal kam mir die Schriftstelle von 2.Kor 10:5 in den Sinn:
„Nehmt jeden Gedanken gefangen zum Gehorsam gegen Christus“
Dies traf mich: Ich ließ mich von Gedanken in solche Gefühle der Angst und Scham bringen … und waren diese Gedanken die Wahrheit Gottes?
Natürlich nicht.
Mit dieser Erkenntnis hatte ich auf einmal die Autorität, diese Gedanken wegzuweisen.
Ich betete ein Gebet wie dieses:
Vater, du weißt, dass ich weit über meinen Zwanzigern bin und ich ein Angebot für eine Beziehung abgelehnt habe, aus Gründen, bei denen ich nicht sicher bin, ob dies gute Gründe waren. Aber dein Wort sagt, dass du einen Weg in der Wüste bereiten und Ströme in der Einöde hervorrufen wirst. (Jesaja 43,19)
Das soll meine Wahrheit sein.
Führe mich in deine Wahrheit und in das Leben, das du für mich hast.
Und wisst ihr was?
3 Monate später lernte ich Benny kennen.
Jetzt sind wir seit 8 Jahren verheiratet. Ich habe vier Kinder und wir genießen es, diese Familie zu sein, die wir sind.
blöd

Aber ob ich Benny danach getroffen hätte oder nicht, ich habe von dem Moment an etwas gelernt: Ich habe angefangen, meine Gedanken gefangen zu nehmen. Herauszufinden, was Gott über mich sagt. Wer ich bin in ihm.
Und Schritt für Schritt hat sich meine innere Realität verändert. Meine Gefühle haben sich verändert. Mein Leben ist verändert.
Es gibt viele Situationen in meinem Leben, wie heute Morgen am Frühstückstisch, in denen ich so dankbar und erstaunt bin, was Gott getan hat.

Pin It on Pinterest

Share This

Share This

Share this post with your friends!