Unsere Umsetzung zum Online-Webinar „Schwierige Kinder verstehen“

von | Dez. 20, 2019 | Erziehung, Familienleben, Persönliches wachstum | 0 Kommentare

Vor ein paar Tagen sagte Benny zu mir:

„Jeanne, ich werde heute Abend noch ein wenig fürs Geschäft arbeiten. Dieser ganze Monat wird sehr streng werden, da wir ja bis Ende Jahr mit dem Geschäft umziehen.“

Ich sagte ihm, dass dies in Ordnung sei und kümmerte mich um die Kinder.

Doch war ich gereizter als sonst, und ungeduldiger. Wenn Benny mich etwas fragte, reagierte ich zickig und kurz abgebunden.  Ich fühlte mich überfordert beim Gedanken, dass der Dezember eine ziemlich einsame Zeit sein würde, in der das meiste an mir hängen bleibt. Aber ich wusste ja, dass Benny bald umziehen wird und es war mir auch bewusst, wie viel Arbeit noch auf ihn wartete. So dachte ich, dass ich keinen Grund habe, mich so  zu fühlen und versuchte, meine Gefühle mit meinem Verstand zu übertönen.
Als es Zeit war die Kinder ins Bett zu bringen, kam Benny zu mir und sagte:

„Jeanne, was ist mit dir los? Geht es dir gut?“

„Ja es geht mir gut, Danke..“

war meine etwas schnippische Antwort.

„Jeanne, ich möchte dich nicht überfordern. Wenn du mich brauchst und du möchtest, dass ich den Abend mit dir verbringe, bin ich gerne bereit, die Arbeit auf ein anderes Mal zu verschieben. Du bist mir wichtiger!“

Ich fühlte mich ertappt… aber auch gekannt, geliebt und abgeholt.

Diesen Abend, in seinen Armen konnte ich mich nicht nur entspannen und mich von den Emotionen, die sich in mir aufgebaut hatten erholen; ich konnte auch wieder fühlen: ich war frei von dieser Angst, den Monat mit einem emotional (und körperlich) abwesenden Ehemann zu verbringen, im Stich gelassen werden in dieser schönen (aber hektischen) Zeit des Advents und ihn noch mehr an die Arbeit entbehren zu müssen, als ich es sonst schon tue.
Meine Emotionen von Ungeduld, Gereiztheit und Distanziertheit verschwanden sofort, als ich mit ihm über meine Gefühle sprechen konnte (auch wenn diese meiner Meinung nach gar nicht berechtigt waren, weil ich doch verstand, wie seine Situation aussieht).
Wir können nun diesen Monat trotz der ganzen Realität von Umzug (und der Hektik der Adventszeit) gemeinsam angehen. Ich versuche, ihm so viel Freiraum wie möglich zu geben und er nimmt sich Zeiten, in denen er präsent ist, wo er investiert und an unserem Familienalltag teilnimmt.

Beim Reflektieren dieses Erlebnisses ist mir bewusst geworden, wie sehr diese drei letzten Artikel zum Thema „Schwierige Kinder verstehen“ nicht nur auf unseren Kinder anwendbar ist, sondern auch in unseren eigenen Leben.

Wie unsere eigenen „schwierigen Verhalten“ mit mehr zu tun haben als einer „Laune“, die es zu bekämpfen gibt.

Beim zusammenfassen und korrigieren der drei Artikel zum Thema „Schwierige Kinder verstehen“ hatten Benny und ich viel Zeit, die Anwendung in unserer eigenen Familie zu überdenken.
Im täglichen Umgang mit den Kindern waren wir immer wieder mit dem Thema konfrontiert.

Folgende Punkte sind uns dabei aufgefallen:

  • Es ist gar nicht so einfach, Bindung nicht als Waffe zu benutzen!
    Einige Male ertappten wir uns bei der Tatsache, dass wir das Kind von uns wegschickten, wenn es die Grenzen überschritten hatte:

 „Wenn du dich am Tisch nicht benehmen kannst, musst du raus gehen“ oder
„Sitz ein wenig in der Küche auf den Stuhl und überlege dir, was du angestellt hast“

während wir als Familie im Wohnzimmer vereint waren.

Beim Reflektieren dieser Artikel, entschieden wir, dass wir es in Zukunft anders versuchen würden; Anstatt ein Kind weg zu schicken reagieren wir je nach Kind unterschiedlich:

  • Wir nehmen es zu uns auf den Schoss und halten es fest.  Wir sagen ihm, wie lieb wir es haben, aber auch dass wir so ein Verhalten nicht tolerieren.
  • Wir setzen es in der Küche auf den Stuhl, bleiben aber bei ihm, um klar aufzuzeigen, dass sein Verhalten nichts daran ändert, dass wir es lieben und zu ihm stehen.

Gerade heute hatten wir so eine Situation:
Als Eltern sassen wir noch am Tisch, während unser Dritter schon im Gang war und mit Bauklötzen spielte. Unser Kleinster, der gerade eine Frustration erlebt hatte, lief direkt zum grösseren Bruder und zerstörte dessen Bauklotz-Gebilde.

Benny hätte nun sagen können:

„Was machst du da, geh sofort in dein Zimmer“!

Stattdessen nahm er unseren Jüngsten und setzte ihn zu uns auf seinen Stuhl. Nach einem ersten Protest beruhigte dieser sich und Benny ging auf ihn ein und zusammen überlegten sie sich, wie unser Vierjähriger beim nächsten Mal besser mit seinem Frust umgehen könnte. Die Schlussszene war, dass unser Kleinster auf dem Schoss seines Vaters sass, eng an ihn geschmiegt und seine Nähe genoss.

  • Verspieltheit und Humor

Im letzten Artikel haben wir gesehen, wie Emotionale Spielplätze unseren Kindern helfen, zur Ruhe zu kommen und wieder zu fühlen.

Dieser Punkt hat uns sehr geholfen, gerade beim gemeinsamen Essen mehr Leichtigkeit und Verspieltheit auszuleben.
Wir hatten einige Mahlzeiten bei denen wir uns entscheiden mussten, wie wir mit dem Verhalten unserer Kinder umgehen wollten: sie zu ermahnen und „Ordnung“ zu kreieren – oder Verspieltheit nicht nur zulassen sondern ein aktiver Teil davon zu sein.

Die Auswirkung auf unsere Kinder war enorm – vor allem für unseren Dritten. Er blühte regelrecht auf und zeigte sich viel präsenter während den gemeinsamen Mahlzeiten.
Wir genossen diese „Emotionalen Spielplätze“ mindestens ebenso wie unsere Kinder und konnten dabei schon etliche unvergessliche Momente zusammen kreieren.

Damit kommen wir zum dritten Punkt:

  • „Zur Ruhe kommen und einfach sein“

 Benny und ich haben uns immer wieder vorgestellt, wie sehr wir es in unserer Kindheit genossen hätten, einfach einen Sonntagnachmittag als ganze Familie im Wohnzimmer zu sein. Oft macht dabei jeder etwas anderes; spielen, ein Buch lesen, malen, etc. Die Atmosphäre von „Familienleben“ und „Zuhause zu sein“ löst in jedem von uns etwas aus, das sich mit Worten fast nicht beschreiben lässt. 

  • Brücken schlagen

Brücken schlagen, dass sogenannte Bridging war auch etwas, das wir bewusst (und vermehrt) angewendet haben.

„Ich wünsche dir einen schönen Morgen in der Schule, Ich freue mich auf das gemeinsame Mittagessen mit dir“

„Schlaf jetzt gut, morgen ist Wochenende, da können wir den ganzen Tag gemeinsam verbringen“,

„Ich gehe jetzt an eine Sitzung, aber wenn ich zurückkomme komme ich dir noch einen Gutenachtkuss geben“,

„Viel Spass bei der Geburtstagsparty, ich freue mich schon darauf, zu hören, was du alles erlebt hast“…

Die Möglichkeiten sind unendlich und schaffen Intimität und Zugehörigkeit. Unsere Kinder haben darauf sehr positiv reagiert und es ist ihnen zum Beispiel viel einfacher gefallen, einzuschlafen.

    Immer wieder stiessen wir auf Situationen, bei denen wir die Tiefe des Seminars zum Thema sehen konnten;

     Jede zweite Woche betreue ich an einem Tag den Mittagstisch in der Schule. Unser Ältester sagte mir eines Tages:

    „Mami, bist du diese Woche wieder beim Mittagstisch dabei?“ 

    Als ich bejahte, meinte er: 

    Ah da bin ich froh! Wenn du nicht da bist habe ich gar nicht wirklich Hunger. Ich liebe es, wenn du da bist, dann fühle ich mich so entspannt und habe immer sehr viel Hunger!

     

    Es ist ein spannender Weg den wir da eingeschlagen haben. Uns werden immer wieder neue Facetten zum Thema bewusst. Wir merken dabei auch, wie viele Fehler wir immer wieder machen. Erziehung ist ein Prozess, bei dem man nie ausgelernt hat. Das schöne dabei ist, dass Kinder uns immer wieder eine neue Chance geben, es besser zu machen.

     

     

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