Wie in den letzten beiden Artikeln erwähnt (hier und hier), habe ich an einem Webinar – einem Online-Seminar – teilgenommen, das live aus Kanada präsentiert wurde.
Der Sprecher war Gordon Neufeld und der Titel war: „Schwierige Kinder verstehen“.
Viele Erkenntnisse, Offenbarungen und wichtige Informationen wurden in diesen 90 Minuten zusammengetragen.
Im letzten Artikel haben wir gesehen, wie wir den Stress eines Kindes reduzieren können.
Wie wir eine Umgebung schaffen können, in der unser Kind seine Gefühle wahrnehmen kann.
Warum unsere Kinder mehr Gefühle und weniger Emotionen brauchen
Wie wir im letzten Artikel gesehen haben, ist die Wurzel der meisten Probleme, die wir mit unseren Kindern haben können, nicht verhaltensbedingt, sondern emotional.
Deshalb müssen wir auch unter den Eisberg schauen, um eine geeignete Lösung zu finden, die auch funktioniert.
Wir haben gesehen, dass es unter dem Eisberg drei Stockwerke gibt:
- In der Konfrontation mit der Trennung stecken bleiben – die Etage von verstärkten Emotionen. Wie diese durch die Konfrontation mit der Trennung aufgewühlt werden.
- In der Stressreaktion stecken geblieben zu sein – die Etage der verlorenen Gefühle. Wie Kinder durch inneren Stress ihre Gefühle verlieren können.
- In der Unreife stecken geblieben zu sein – die Etage der fehlenden Gefühle. Wie Kinder durch dauerhaften Stress und die dadurch fehlenden Gefühle verhindert werden, zu reifen.
In diesem Artikel werden wir uns mit der Frage
„Wie kann ich meinem Kind einen Platz schaffen, an dem es sich nach Stresssituationen wieder erholen kann?“
befassen.
Es gibt Momente, in denen wir die stressige Realität im Leben eines Kindes nicht ändern können. Schule, Umzug oder sogar Scheidung sind Situationen, in denen wir nicht viel tun können, um den Stress zu beseitigen. Wir können jedoch viel tun, um unseren Kindern einen sicheren Ort zu bieten, an dem sie sich entspannen können, einen Ort, an dem sie dadurch wieder fühlen können. Damit sind die Voraussetzungen gegeben, damit sie reifen können.
- Wir können das tun, indem wir die Trennung reduzieren.
Wie wir im letzten Artikel gesehen haben, ist es wichtig, niemals unsere Bindung gegen diejenigen zu verwenden, die an uns nahe stehen.
Auch nicht, um ihnen eine Lektion zu erteilen oder das Verhalten zu steuern.
Wir haben gesehen, dass dies eine gängige Art der Disziplin ist, aber am Ende schadet es unserer Beziehung zu unserem Kind und sabotiert diese Sicherheit, die unsere Kinder in ihrer Beziehung zu uns brauchen, um sich sicher zu fühlen. Nur so können sie nach stressigen Situationen wieder in Kontakt mit ihren Gefühlen und zur Ruhe kommen.
Denn wenn die Beziehung zwischen uns und unseren Kindern sicher ist, schafft dies ein Gefühl der Verbindung. Wir können diejenigen sein, die nach einem stressigen Moment oder sogar einem stressigen Tag diese Sicherheit bieten.
- Brücken zu unseren Kindern schlagen :
Eine andere Art, die Neufeld uns gelehrt hat, um die Trennung zu reduzieren, nennt man „bridging“ (Brückenbildung).
Er erklärt:
„In einer Welt, in der Kinder immer wieder mit Trennung konfrontiert sind und wo wir sie nicht immer davor bewahren können, ist es umso wichtiger, dass sie durch eine tiefe und sichere Bindung an eine fürsorgliche erwachsene Person geschützt sind. Um ihnen zu helfen, innerlich an ihren Bindungspersonen festzuhalten, ist es wichtig, dass wir bevorstehende Trennungen überbrücken. Das heisst, dass wir den Fokus auf das Wiedersehen, oder auf den nächsten Kontaktpunkt legen, aber auch dass wir ihnen ggf. etwas mitgeben von uns, an dem sie sich festhalten können.“
Wir können das tun, indem wir dem Kind helfen, sich nicht auf die Trennung zu konzentrieren, sondern auf die nächste Verbindung:
Zum Beispiel, wenn wir unser kleines Kind ins Bett bringen (Schlafenszeit bedeutet auch Trennung):
„Liebes, ich komme in ein paar Minuten zurück, um dich zu umarmen.“
oder:
„Schatz, Ich komme in 10 Minuten wieder, um nach dir zu sehen“.
Oder am Morgen, bevor wir das Haus für einen langen Arbeitstag verlassen:
„Ich freue mich schon auf das gemeinsame Abendessen.“
Immer dem nächsten Verbindungspunkt zugewandt statt der Trennung. Die Überbrückung hilft, auch wenn wir unser Kind schelten müssen:
„Nein, so kannst du nicht mit deiner Schwester reden!“
Aber das nächste, was wir sagen sollten, ist:
„Keine Sorge, es wird alles gut. Und ich freue mich darauf, mit dir heute Abend den Match im Fernseher anzuschauen.“
Das ist eine Verbindung. Das ist Bridging („Überbrückung“).
Neufeld erwähnte 3 weitere Möglichkeiten, wie wir dieser sichere Ort für unsere Kinder sein können:
- Durch das Kreieren von sicheren Beziehungen
Eine sichere Beziehung ist eine stabile Beziehung.
Sicherheit ist der Schlüssel. Ein sicherer Ort ist, an dem sich unser Kind geborgen fühlt.
Geborgen in unserer Liebe und der Sicherheit, dass wir die Verantwortung für die Beziehung übernehmen.
Wie wir oben gesehen haben, ist das ein Ort, an dem die Bindung nicht gegen das Kind verwendet wird.
Ein Ort, an dem Gedanken wie:
“Wenn ich mich nicht benehme, wird Mama mich nicht mehr lieben.“
“Wenn ich nicht gut im Sport bin, wird Daddy von mir enttäuscht sein.“
„Wenn ich wütend werde, schickt mich meine Mutter in mein Zimmer und dann kann nicht mehr in ihrer Nähe sein
Wir müssen sicherstellen, dass sie nichts von unserer Liebe trennt. Unsere Aufgabe ist es, an ihnen festzuhalten, durch dick und dünn, auch durch schwieriges Verhalten.
Warum?
Wenn sich ein Kind sicher fühlt, dann kommen all seine Gefühle zurück. Egal wie stressig sein Tag in der Schule, Kindertagesstätte oder an einem anderen Ort war; wo die Verbindung ist, kommen unsere Gefühle zurück.
Es ist das Gleiche in der Ehe. Wenn ich von einem stressigen Ereignis zurückkomme, umarmt mich Benny und fragt mich zärtlich
„Schatz, wie war es?“
… dann kommen all meine Gefühle zurück. Wenn es eine Herausforderung war, bin ich in der Lage, ihm alles zu erzählen – und gleichzeitig fühle ich wieder Hunger, Durst und Müdigkeit.
- Emotionale Spielplätze:
Wenn wir nach der Schule nicht für unsere Kinder da sein können, müssen wir sicherstellen, dass wir ein Ritual schaffen, in dem wir diese emotionalen Spielplätze haben können. Zeiten ohne jegliche Technologie, ein Ort, an dem unsere Gefühle zurückkehren können. Dinge wie Theater, Rollenspiele, Geschichten lesen, durch die sie ihre eigenen Emotionen einfangen können, Malen, Lachen, Tanzen, Schreiben, Musik…..
Eine wunderbare Möglichkeit, sich mit unseren Kindern zu verbinden, diese emotionalen Spielplätze zu haben, diese ist Verspieltheit mit unseren Kindern zu leben.
Diese Rituale können irgendwo stattfinden, sei es im Haus, im Garten, bei der Schaukel oder auf einem Spaziergang… einfach ein Ort, an dem sich unser Kind (und wir) entspannen können, ohne Notwendigkeit von Leistung und dem Erfüllen von Erwartungen.
Eine Frage, die wir uns alle stellen sollten:
„Wo kann ich abends zur Ruhe kommen, wo ist der Ort, an dem meine Gefühle zurückkehren?
Wenn wir diesen Ort nicht haben, wird unser Körper emotional unwirksam und unsere Gefühle werden fehlen.
- Ein sicherer Ort, an dem Kinder ihre Gefühle ausdrücken können
Es ist wichtig, dass ein Kind seine Gefühle ausdrücken darf.
Als Eltern und Lehrer können wir ihnen helfen, ihren Emotionen Gefühle hinzuzufügen.
Anstatt ungeduldig mit dem Kind zu sein:
„warum reagierst du immer so übertrieben!“
oder
„du hast keinen Grund, dich so zu fühlen, wie du es gerade tust!“,
Können wir ihnen helfen, die Emotion zu spüren, sich ihrer bewusst zu werden. Damit, wenn das Kind frustriert ist, nicht einfach einen Wutanfall erlebt, sondern lernt, seine Gefühle auszudrücken:
„Mami, ich bin so frustriert!“
Kreiere einen Ort, an dem sie sich ausdrücken dürfen, ohne Angst vor einer Trennung zu haben.
Hilf ihnen, die Antizipation der Trennung zu spüren und darin zu wachsen, damit sie sagen können:
„Ich werde dich vermissen, ich will nicht, dass du gehst…“
um die Trennung und die Vergeblichkeit zu spüren, die sie nicht ändern können.
Oder aber sich auch mit den Gefühlen der Vergeblichkeit und der Traurigkeit zu verbinden, so dass ein „nein“ verarbeitet werden kann statt einfach nur stress und schwieriges Verhalten im Kind auslöst.
Durch das Durcharbeiten meiner vielen Notizen, die ich während diesem Webinar gemacht habe, fühlte ich mich fast überwältigt von so vielen Einsichten und Informationen. Allerdings begannen sich in meinem Kopf Punkte zu verbinden, und ich begann, das ganze Bild zu sehen.
Im nächsten Artikel werden Benny und ich unsere persönlichen Erfahrungen mit diesem Material beschreiben, Dinge, von denen wir wissen, dass wir sie richtig gemacht haben – und Dinge, die wir in unserem täglichen Leben verbessern können.
Mit bestem Dank an Angela Indermaur fürs Durchlesen und revidieren von diesen Artikeln.
Angela Indermaur ist zertifizierte Neufeld Leiterin und berät Sie gerne persönlich oder empfängt Sie im Rahmen ihrer Workshops und Online Seminare.
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